Autobiographie
 
MEMOIREN (Auszüge)
Brünn – erster Kapellmeister
Estland – Reval (heute Tallin)
Leipzig – Staegemann
Drei Saisons am Rhein
Hannover – Hamburg
 
GALERIE
Tonaufnahme, Fotografien

 

  Karel Burian
12. 1. 1870 in Rousínov bei Rakovník - 25. 9. 1924 in Senomaty in der Heimatgemeinde
In der Welt bekannt als Carl (Karl) Burrianceskyenglish
 
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Mein erster Kapellmeister ist tot! František Jílek! (František Jílek, Kapellmeister des Nationaltheaters und Komponist, gestorben am 25. Januar 1911.) Es ist für mich an der Zeit, meine "Memoiren" zu schreiben. Ziemlich früh, wo ich doch in den besten Jahren bin und die wichtigste Aufgabe uns erst noch erwartet, ohne deren Gelingen wir nur ungern in den Ruhestand gingen: Ich möchte auf einer tschechischen Bühne noch den Ring des Nibelungen, Parsifal und Tristan kreieren und meine Karriere so auf ideale Weise krönen; das wäre um einiges interessanter als irgendeine solche "Abschiedsvorstellung"…
 
Solche Gedanken gehen mir im Kopf herum, seit ich die Nachricht von Jíleks Tod erhalten habe. Mit ihm zusammen trat ich mein erstes Engagement in Brünn an und meine lieben Erinnerungen "aus der Drangperiode" verbinden mich mit ihm. Seine Vorstellungen waren stets vorbildlich; Brünn hat seither nichts Vergleichbares gesehen. Das beeindruckende Brünner Ensemble hat jedoch Bankrott gemacht und sich in alle Himmelsrichtungen verstreut, und Jílek blieb nichts anderes übrig, als den Dirigentenstab, den er so liebte, an den Nagel zu hängen und nur noch hin und wieder zu Hause mit blutendem Herzen in die Luft zu dirigieren.
 
Dalibor...Wir fingen damals in Brünn mit der "Verkauften Braut" und "Dalibor" an; das waren meine beiden ersten Rollen, und das an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Tatsächlich allerhand für einen abgemagerten Jurastudenten im vierten Semester, dem die Knochen im Leibe klapperten wie im "Danse macabre" und dessen Seele Zweifel verzehrten, ob er nicht eines Tages den schicksalsträchtigen Schritt bereuen würde, der ihn aus der äußerlich erfolgreichen Schullaufbahn auf das zweifelhafte, ja tückisch ungewisse Theaterparkett führte. Ja, eine Stimme (oder ein Stimmchen) war da, aber ebenso dünn wie ihr Inhaber, und die ließ sich nicht "ausstopfen". Die Watte tat ihre Schuldigkeit und brachte dabei womöglich mehr auf die Waage als der schmalste aller Dalibore selbst... Aber da waren neben Magerkeit auch Begeisterung, Illusionen, große Ziele, Unbeugsamkeit – und die wogen alle Mängel auf... So stellten sich bald die ersten Erfolge ein und 70 Gulden monatlich waren ein nicht zu verachtendes Sümmchen, auch für einen hergelaufenen Rechtsanwalt, der sich mit Privatstunden durchschlug und für einen Fünfer im Monat und ein tägliches Glas Kaffee Tag für Tag von der Ostruhová zur Poøíèí und zurück durch die Straßen hastete... Wie viele Jahre hätte ich noch studieren und leiden müssen, bevor ich diese 70 Gulden als Rechtsanwalt verdient hätte? – Natürlich hätte ich auch damit erfolgreich sein können; wenn ich heute zurückdenke, war es schon eine mutige Entscheidung, die ich heute vielleicht so nicht treffen würde und die nur meine Jugend entschuldigen kann oder eine Art innerlicher Bestimmung für die Kunst, deren wir uns nicht bewußt sind und der zu widerstehen uns unmöglich ist.
 
In New York, 15. Februar 1911, Foto: K. B. als Dalibor
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Literatur: Burian K.: Pamìti (Smetana, Praha, roèníky 1911 - 1912); Hradèanský J. V.: Komorní pìvec Karel Burian ve svých veršovaných dopisech (Graf. ústav L. Beneše, Èeský Brod, 193?); Hradèanský J. V.: Komorní pìvec Karel Burian ve svých veršovaných dopisech (Fr. A. Urbánek a synové, Praha, 1933); Burian E. F.: Karel Burian (Praha 1948); Novotný A.: Pìvecký portrét (Supraphon, Praha 1974); Wenig J.: Ema Destinová - Karel Burian (Supraphon, Praha, 1960); Nejedlý Z.: Dìjiny opery Národního divadla I.-II. (Praha, 1949); Rektorys A.: Naši operní pìvci, (Praha 1958); Èerný J.: Osmý den (Reflex, Praha, 6. 3. 2003)

Realisation: Boris Klepal, Übersetzung: Iris Kneissel
Danksagung: Miloš Klepal and Alena Švecová.
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